AUSLOBER
Stadt Wolfsburg
VERFAHREN
Nichtoffener internationaler Realisierungswettbewerb
TEAM
Thomas Guba, Grégoire Tourne, Michael Heurich
ZUSAMMEN MIT
Hoskins Architects und Ralph Appelbaum Associates (Ausstellungsgestaltung), Berlin
ABGABE
Juli 2020
ORT
Wolfsburg
AUSZEICHNUNG
1. Preis
Realisierungswettbewerb "Gedenk- und Lernort KZ-Außenlager Laagberg" in Wolfsburg – 1. Preis
Anlass und Ziel des Wettbewerbs:
"Als im Zuge archäologischer Ausgrabungen im Vorfeld einer Neubaumaßnahme (...) im Stadtteil Laagberg in Wolfsburg im Frühjahr 2017 Fundamente der ehemaligen Gefangenenbaracke 4 des Außenlagers des KZ Neugamme (...) entdeckt und freigelegt werden, sieht sich die Stadt Wolfsburg einmal mehr mit ihrer NS-Vergangenheit konfrontiert." (Auszug aus Auslobung)
Die geplante – und letztendlich durchgeführte – Translozierung der Fundamentreste führt zu einer lokal wie überregional intensiv geführten Diskussion über den Umgang mit den materiellen Zeugnissen des Nationalsozialismus und dem Ratsbeschluss, "innerhalb der ehemaligen Lagergrenzen einen Gedenk- und Bildungsort zu schaffen.
Wolfsburger Nachrichten 30.09.2020:
Stadtbaurat Kai-Uwe Hirschheide ist sehr zufrieden mit dem Entwurf: „Ich bin überzeugt, dass der Entwurf die Besonderheit dieses geschichtsträchtigen Ortes würdigt und sich sehr gut in die Umgebung einfügt. (…) „Die Jury war vor allem von der interdisziplinären Gesamtleistung beeindruckt. Gebäude, Landschaft und Ausstellung wurden bei diesem Entwurf als qualitatives Ganzes gedacht. Der Innen- und der Außenraum verbinden sich im Rundgang. Darüber hinaus ist ein großer Teil der Ausstellung unabhängig von den Öffnungszeiten zugänglich.“
Entwurfstext:
In Laagberg soll ein würdiger Gedenkort und ein Ort der Kommunikation entstehen. Die Spuren des ehem. KZ-Außenlagers sind nahezu verschwunden. In Laagberg dominiert das heutige Leben. „Wie können wir mit den Relikten der NS-Gewaltherrschaft umgehen und dabei gleichzeitig auf die Menschen des heutigen Wohngebiets Rücksicht nehmen?“
Unser Ansatz: wir bleiben am Rand und nehmen eine betrachtende Position ein. Die Ambivalenzen zwischen Stille und Lebendigkeit (Wald und Wohngebiet), Verarbeiten und Vergessen, Fremdbestimmung und Eigenverantwortlichkeit bestimmen den Entwurf. Mit der historischen und räumlichen Distanz fragen wir uns, wie wir uns verhalten hätten – in der Zeit des Nichthinschauens, in der Zeit des Vergessen – und wie wir zum gegenwärtigen und zukünftigen Umgang mit Erinnerungskultur stehen.
Zwischen Lidl und Tanke stellen wir den „Stolperstein“ des neuen Gedenk- und Lernorts als Zeichen seiner Zeit. Am Ort, wo einst der elektrische Zaun das Lager begrenzte, erzählt das Regal der Erinnerungen die Geschichten der einzelnen Häftlinge.
Wir öffnen den Betrachtungsraum, indem wir den Ort mit einem Steg erweitern und geben diesem eine eigene Bedeutung: Wie im Orthogonalverfahren vermisst der Steg den Raum und macht die Dimensionen des Lagers über eine Quer- und über eine Längsachse erfahrbar.
Vom Längssteg aus, der an der ehemaligen Waldkante und parallel zum hist. Lager verläuft, blicken wir auf die Fläche. Auf Plattformen, deren Breite denen der ehem. Baracken entspricht, eröffnen wir die Möglichkeit, die Geschichte des Ortes mit all seinen zeitlichen Schichten in einzelnen Lernstationen zu erzählen.
Am Ort, an dem die Fundamentreste der Baracke 4 geborgen wurden, schließt sich der Kreis. Hier kommen die Menschen nach dem Weg durch den Wald wieder zusammen und miteinander ins Gespräch. Hier wird der bisherige Prozess erfahrbar gemacht und hier startet der lokale Diskurs mit der Frage: Wie soll im Wohngebiet mit dem historischen Erbe umgegangen werden?